Schon bei der Anfahrt zum Gelände des Battleground spürt man den besonderen Reiz, den dieses in Polen, direkt hinter der deutschen Grenze liegende Spielfeld, ausübt. Über uraltes Kopfsteinpflaster – das vermutlich schon da lag, als es nur Pferdekutschen zur Fortbewegung gab – mühevoll geteerte Waldwege, quer durch den charakteristischen Kiefernwald, geht es, zum Teil in Schrittgeschwindigkeit, in Richtung der Zugangskontrolle. Die wurde speziell für das Scenario Big Game (SBG) in diesem Jahr aufgebaut. In Corona-Zeiten ist alles etwas anders und so werden wir bei der Kontrolle ohne den sonst üblichen festen Händedruck begrüßt. Stattdessen wird mit einem Infrarotthermometer auf erhöhte Temperatur überprüft. Sicherheitsauflagen, die vor Ort hervorragend umgesetzt werden, stechen einem sofort ins Auge. Die Auflagen, die das SBG24 (ja, schon das 24. seiner Art) ermöglicht haben, nimmt man dann sehr gern in Kauf.
Wer noch nie auf dem Battleground bei Bertl Wolowitz und Hartmut Schön in Polen war, kann sich nur schwer vorstellen, wie das Ambiente auf einen Ankommenden wirkt. Zunächst einmal sticht dem Besucher ein entmilitarisiertes Artillerie Geschütz ins Auge, dass wie ein einsamer Wachsoldat den Zugang zum Gelände markiert. Dahinter, auf einem saftigem Stück Rasen, dösen bereits die ersten Spieler in der Sonne. Ein großes Kasernengebäude, zweistöckig mit Kellergeschoss, beherbergt auf erster Etage in Hochzeiten bis zu 150 Spieler in Mehrbettzimmern und Doppelstockbetten. Beim Betreten des Gebäudes findet man auf kurzem Weg das Office, den Shop, die Materialausgabe und die Anmeldung sowie das Betriebsrestaurant „SprengChemie“. Hier beginnt der Tag mit einem ausgiebigen Frühstücksbuffet für nur 5 Euro (!) und endet bei Pfefferschnitzel oder selbstgemachten Burgern sowie mit dem einen oder anderen Kaltgetränk zum Herunterspülen. Die Betreiber Michael und Mandy sind immer bei den Gästen und erfüllen jeden Herzenswunsch. Natürlich kommt bei rund 1000 Spielern, die beim SBG vor Ort sind und gleichzeitig Hunger brüllen, auch die routinierteste Küchencrew an ihre Grenzen. Daher gab es extra für das Event im Außenbereich mehrere Caterer die von Frühlingsrollen, Steak- und Wurstbrötchen, handgemachte Kaffeespezialitäten bis Softeis anboten. Im Keller des Gebäudes befinden sich die frisch renovierten Waschräume und Toiletten, die auch in Stoßzeiten ausreichend Platz und Komfort
Damit der Spielspaß immer erhalten bleibt
Außerhalb des Gebäudes, direkt am Haupteingang, befindet sich die Luftstation mit hochwertigen Kompressoren, damit der Spielspaß immer erhalten bleibt. 200bar und 300bar Füllstationen stehen bereit, um die Spieler schnell und ohne langes Warten mit frischer Luft zu versorgen. Fährt man am Haupthaus vorbei, taucht auf der linken Seite die Chronystation auf. Fest installiert, mit mobilen Zielen und gut beleuchtet eingerichtet, ist hier das Chronen und Einschießen der Markierer 24h möglich. Mehrere Spieler gleichzeitig können das gesicherte Areal betreten und sich hier um ihre Markierer kümmern. An die Chronystation schließt sich nahtlos der Campingplatz an. Was früher ein fast undurchdringlicher Kiefernwald war, stellt sich seit einiger Zeit nun als vollwertiger Campingplatz, inklusive kostenloser Stromgrundversorgung dar. Viele freiwillige Helfer haben vor dem Event zahllose Bäume gefällt, um den anreisenden Spielern den maximalen Platz zu gewährleisten. Für jeden gefällten Baum brauchte der Betreiber eine Genehmigung und es muss an anderer Stelle ein neuer Baum gepflanzt werden – man kann sich vorstellen, was das für ein Aufwand ist. Diverse Frischwasserstationen am Platz bieten jetzt zusätzlichen Service für Wohnmobile und autarke Camper. Die Atmosphäre auf dem Campingplatz gleicht einem Bienenstock. Unzählige Menschen in Tarnkleidung oder in kreischend bunten Jerseys wuseln durcheinander, Turniermarkierer und Scenariokniften wechseln sich ab. Überall herrscht reges Treiben, es wirkt wie eine unsichtbare Choreografie, nach der alle Anwesenden tanzen. Die Atmosphäre prägt laute Musik, Menschen sitzen zusammen, die sich vorher nicht kannten, aber alle die gleiche Macke haben: Paintball! Spieler aus diversen Nationen erzählen ihre Heldengeschichten vom Feld, dabei kreist das ein oder andere Kaltgetränk und es herrscht ausgelassene Stimmung. Wer es etwas lauter verträgt, der campiert direkt hinter dem Haupthaus in Richtung Bahnschienen. Etwa 2x täglich rauscht hier ein Zug vorbei, nicht ohne sein durchdringendes Signalhorn zu nutzen. Neben einem ebenfalls neu installierten Sanitärcontainer mit Duschen und WC, hat man es hier nicht weit zum neu aufgebauten Festivalplatz.
Lichttechnik, Tontechnik, Nebelwerfer
Hier thront eine beeindruckende Bühne aus Seecontainern über dem gesamten Event! In den Containern versteckt sich die Veranstaltungstechnik, Bühnenaccessoires und die Stromversorgung. Und sie steht in keiner Weise einer normalen Veranstaltungsbühne nach – Lichttechnik, Tontechnik, Nebelwerfer- es gibt nichts, was dieses Monster nicht hat oder kann. Unter Beweis hat sich dieses Geschoss der Technik bereits gestellt, denn sowohl Freitag- als auch Samstagabend brachten auf dieser Bühne Livebands die Gäste so richtig auf Tour. Wer an so einem Abend auf gepflegte Konversation steht, der befand sich nicht direkt in der ersten Reihe, denn die Lautsprecher und Bässe taten das, wofür sie angeschafft wurden – sie fetzen. Von der Bühne aus moderierte Bertl als Alleinunterhalter durch die Programmpunkte und um den Spielern das richtige Flair zu gewährleisten, mit feinstem aber derben Humor und hochmotivierenden Beiträgen. Schließlich, so Bertl, haben wir einen „Aktivurlaub gebucht, und keinen Wellnesstrip“. Mit seiner charmanten Art macht er es auch Neulingen, die zum ersten Mal das Feld besuchen, sehr leicht, sich heimisch und willkommen zu fühlen. Man braucht keine Angst haben, wichtige Ansagen zu verpassen, denn aufgrund strategisch günstig aufgehängter Lautsprecher auf dem Campingplatz, bekommt man auch in der letzten Ecke noch mit, wann der nächste Programmpunkt beginnt, wie der Zeitplan ist und wo die Teams sich jeweils zum Start einfinden. Zusätzlich erhält jeder Spieler bei der obligatorischen Anmeldung im Hauptgebäude ein Players Package mit ausgedrucktem Lageplan und Programm, erfahrungsgemäß ist es jedoch von Vorteil, sich regelmäßig über den Lautsprecher zu informieren. Rund um die Bühne, im sogenannten „Paintcamp“, apokalyptisch in Szene gesetzt durch originale Hesco-Absperrungen, Tarnnetze, Eventfahrzeuge und Natodrahtzäune, befindet sich die Tradeshow. Hier gibt es zu den großen Events alles, was das Spielerherz begehrt: Kleidung, Markierer, Zubehör, Neuigkeiten, Patches, Merchandise und diverser Free Stuff, der auf so einem Event das Salz in der Suppe ist. Neu installierte Seecontainer bieten den Ausstellern einen unschätzbaren Mehrwert, denn Auf- und Abbau und Schäden durch den obligatorischen Regen, der gern schnell und heftig auftrat, entfallen hier vollständig. Über eine Holztreppe gelangte man auf die Dächer der Container. Hier bot sich eine in diesem Jahr ganz neue Erfahrung: nämlich ein unbezahlbarer Blick auf die Feiermenge und die Bühne! Liegestühle und eine mobile Bierzapfanlage boten absolutes geniales Festivalflair. Neben zahlreichen namhaften Ausstellern wie Paint-Xtreme/Magfed.de, PlanetEclipse/Paintball.de (vertreten durch ihren unverkennbaren Butch, der diversen Spielern durch Wiederinstandsetzen nichtspielbarer Markierer in letzter Minute zu gehörigem Spielspaß verhalf), PBmerch4Fun, Paintsupply, Patchwerk und dem Paintball Channel, gab sich auch Thomas Liebner, Inhaber und Betreiber von Delicious Delight, die Ehre. Mit seiner mobilen Kaffeestation bot er eine gelungene Abwechslung zu den sonst üblichen alkohollastigen Getränken. Mit seiner Art, den vor ihm stehenden Kunden als im Moment wichtigsten Menschen zu behandeln, trägt er gehörig zum Wohlfühlfaktor bei. Nicht zuletzt durch hervorragend gebraute Kaffeespezialitäten sowie kleinen Leckereien und Softeis. Soviel zu den äußeren Umständen und Rahmenbedingungen dieses Paintballfestivals, welches einzigartig in Europa genannt werden darf. Kommen wir nun aber zum eigentlichen Kern des Ganzen: dem Spielgeschehen des SBGs. Auf einem Areal von ca. 55 Hektar, unterteilt auf 16 verschieden gestaltete Spielfelder, die zu einem gigantischen großen Spielfeld zusammengelegt werden, verteilen sich beim SBG knappe 1000 Spieler. Zusätzlich zum Biggame Feld hat das etwas außerhalb liegende Magfed Areal noch einmal 38 Hektar Spielfläche, obendrein sechs Side-Event Felder, zwei davon beleuchtet. Ein Highlight stellt der CQB Bunker dar, der mit zwölf beleuchteten und beschallbaren Räumen aufwartet. Die gesamte genutzte Fläche während des Events beträgt sagenhafte 105 Hektar!
Blau gegen Rot, Team Tactic (TT) gegen die Guerillos United (GU)
Zwei Fraktionen kämpfen im Main Event um den Sieg. Blau gegen Rot, Team Tactic (TT) gegen die Guerillos United (GU). Feste Stammgäste stehen aufgerüscht neben Neubesuchern, alle haben den gleichen Glanz in den Augen, als Bertl die Spiele für eröffnet erklärt. Die Teamcaptains scharen ihre Mannen um sich, letzte Anweisungen werden gebrüllt, die Menge angeheizt, auch der letzte hat jetzt verstanden, dass es für das Team, für das Erreichen des Sieges heißt: Vorwärts immer, Rückwärts nimmer! Auch wenn das gleichbedeutend ist mit verdammt langen Märschen querfeldein. Die Marshal Crew steht auf dem Feld schon bereit. Beim Einlass auf das Feld wird partiell gechront um Hotguns auszuschließen, denn überall gilt hier: Safety First! Die Damen und Herren von der Marshal Crew machen einen sehr guten, wenn auch undankbaren Job. Sie informieren über das aktuelle Spielgeschehen, sofern es möglich ist, säubern Treffer und reichen auch mal ein Taschentuch, wenn über vermeintlich unlautere Praktiken des Gegners lamentiert wird. Die Signalsirene ertönt. 500 Rote treffen auf 500 Blaue, die Luft ist erfüllt von Kampfgeräuschen, Anweisungen, dem Sirren von Firststrike und dem Einschlagen von Paint an Bäumen und Gegnern. Die Missionen gestalten sich immer dem Eventthema entsprechend, dieses Mal wurde um Wasser nach der Apocalypse gefightet, angelehnt an „Mad Max Fury Road“. Etwas muss gefunden werden oder von jemand erbeutet werden, irgendwohin verbracht werden, ohne dabei selbst überlaufen zu werden. Wasser wird abgepumpt in Wasserlagern gesichert und „entgiftet“. Spielgegenstände werden gegen Informationen getauscht, Fahnen werden versteckt, gesucht, gefunden, umgesteckt – und zwischendrin fahren Eventfahrzeuge.
echte Panzerfahrzeuge & alte Jeeps
Mit dabei: echte Panzerfahrzeuge, alte Jeeps, Truppentransporter und es gibt mobile Mörserattrappen und Kanonen, die auf beiden Seiten der Spielfronten für großen Spaß sorgen. Als Spieler steht man im besten Fall an vorderster Front, treibt seine Leute an mitzuziehen, startet einen Überraschungsangriff auf den Gegner und erntet, so es der Marshal gesehen hat, ein Kärtchen als Belohnung: „Medal of Honor“ steht darauf. Am Ende des Spieltages werden die dadurch hervorgehobenen Spieler vor versammelter Mannschaft mit der „Medal of Honor“ im Rahmen der Bühnenshow ausgezeichnet. Bevor es jedoch soweit ist, gehen wir ins realistische Spielgeschehen: Man sitzt verschanzt hinter einer hölzernen Barrikade, abwechselnd nach links und rechts herausschauend, um den vor einem vermuteten Gegner in Schach zu halten. Gleichzeitig fliegt einem die Paint um den Kopf wie Fruchtfliegen um Dörrobst. Es hagelt Rauchgranaten, die einem die Sicht nehmen, und überall der Motorenlärm der Eventfahrzeuge. Im nächsten Moment startet ein Angriff deiner Leute hinter dir und du kannst gar nicht anders, als aus der Deckung herauszusprinten und dich den Läufern anzuschließen – wohlwissend, dass der Gegner darauf gefasst ist und dich mit Paint Farbe umlackiert. Quer durch Gebäuderuinen, vorbei an Fahrzeugwracks, die liebevoll „Tittenhills“ genannten Sandhügel hinauf, weiter durch das durch mannshohe Fichtenstämme gesicherte Fort und durch die Grabenanlage geht das Spielgeschehen. Keine Faser der Kleidung und Ausrüstung bleibt trocken, denn zusätzlich zur Bewegung sorgen die unbarmherzigen Temperaturen im sandigen Kiefernwald dafür, dass einem der Schweiß in Bächen den Körper hinunterrinnt. Am Bestimmungsort deiner Mission angekommen, weißt du nicht mehr, ob du Männlein oder Weiblein bist, das einzige was zählt: haben wir die Mission gerockt und erfolgreich abgeschlossen oder müssen wir in den letzten Minuten noch mal Vollgas geben?
MagFed Big Game: drei Fraktionen gegeneinander!
Während sich die GU gegen die TT zur Wehr setzt, findet außerhalb des großen Spielfeldes auf dem Gelände der „Sprengchemie“ das Magfed Big Game statt. Was vor einigen Jahren zunächst als zusätzliches Goodie für die Magfed Community ins Leben gerufen wurde, hat sich im Laufe der Zeit zu einem eigenständigen Event neben dem Event gemausert. Hier spielen drei Fraktionen gegeneinander: Team Grün, Team Gelb, Team Blackwater. Letztere haben den eigentlichen Auftrag, als Troublemaker ins Spielgeschehen einzugreifen und die jeweils schwächer aussehende Fraktion abwechselnd zu unterstützen. Dies sorgt für einige Verwirrung und lustige Momente, wenn nämlich die eben noch freundlich gesinnten Blackwater-Truppen plötzlich mit Markierer im Anschlag vor einem stehen und man selbst es nicht mitbekommen hat, dass sich der Wind gedreht hat. Im Magfedgame ist das Gelände urbaner, dank zahlreicher Gebäudekomplexe, Bunkerruinen und zerfallener Deckungen. Es riecht holzig und sandig, das weiche Moos unter den Stiefeln federt jeden Schritt ab und wenn die Sonne vom Himmel brennt, sehnt man sich nach spätestens 15 marschierten Kilometern nach einem eiskalten Getränk. Möglichst lautlos schleicht man um die Gebäude herum, stets bemüht, keinen verräterischen Ast unter seinem eigenen Gewicht zum Knacken zu bringen und damit seine Position zu verraten. Gut, wenn man sich lautlos anschleichen kann und den Atem des Gegners schon fast wahrnehmen kann. Blöd, wenn genau in dem Moment die Funke losgeht und der Kollege nach Unterstützung fragt, weil „er hier hinter dem Baum steht, an diesem Gebäude, wo das Dach so bewachsen ist…“. Auch solche Momente gibt es, und diese Momente machen das Erlebte zu etwas Besonderem, denn es wird einem bewusst, dass wir hier alle nur spielen.
Das Teamgefühl entsteht in den ersten Minuten dieser Szenen auf dem Feld – etwas, was das SBG auszeichnet: Du hast noch kein festes eigenes Team? Dich kennt hier noch keiner? Du hast wenig Plan von der ganzen Ballerei, aber mächtig Spaß dran? Kein Problem – es gibt immer Anschluss, und der ist stressfrei gefunden. Auch ein Grund, warum sich das SBG immer größer werdender Beliebtheit erfreut: niemand wird ausgeschlossen, alle haben hier das gleiche Ziel: maximalen Spaß auf und neben dem Feld zu haben. Es wird dunkel in der grünen Hölle von Brozek. Die richtige Zeit, um das traditionelle Nightgame durchzuführen. Ob „Zombiegame“, „Last Man Standing“ oder „Capture the Flag“ – jedes Spielmodi ist durchführbar und ganz nach Wunsch der Spieler gestaltet. Die beiden beleuchteten Felder in der Nähe der Straße machen es auch den Zuschauern einfach, sich bei einem kühlen Tyskie fachsimpelnd an den Rand zu stellen und zu beobachten, was die Nimmermüden nach einem anstrengenden Gameday noch an Reserven hervorzaubern. Am Ende des Tages feiert die komplette Spielergemeinschaft nach einer grandiosen Bühnenshow durch Bands, Bertl und allen Mitgestaltenden den Sieg gleichsam wie die Niederlage, das Event, das Leben und sich selbst. Die epischsten Heldengeschichten werden gesponnen, erweitert, umgedichtet und noch mal erzählt. Neue Legenden werden geboren und alte gefeiert.
Das – und nur DAS! – ist der wahre Kern des einzigartigen Scenario Big Game!